Regisseur_innen

Der Schweizer Filmemacher Claude Goretta war der sensible Ethnologe der kleinen Leute. Nun ist er 89-jährig gestorben

Gleich sein erster Film, eine Zusammenarbeit mit Alain Tanner, wurde in Venedig 1957 ausgezeichnet. Es war der Beginn einer Karriere, die den Neuen Schweizer Film prägen sollte.

Claude Goretta Anfang der 1980er Jahre. (Bild: Imago)

Er steht am Anfang eines Aufbruchs. Mit Alain Tanner, dem Freund seit der Zeit beim Genfer Uni-Filmklub, ist Claude Goretta Mitte der 1950er Jahre in London, wo eben das Free Cinema im ungeschminkten sozialen Alltag das Leben findet. Das ist ihm, der geprägt ist von den italienischen Neorealisten, vertraut. Goretta will Englisch lernen, weil er als ausgebildeter Jurist noch an eine Dissertation über den Einfluss des Films auf jugendliche Delinquenz denkt. Beim British Film Institute öffnet sich aber eines Tages eine kleine Schatulle, und bereits kann ein erster eigener Film gedreht werden.

Rund um die Eros-Statue am Piccadilly Circus fangen die Freunde bis ins Morgengrauen den Reigen des Vergnügens und der Liebe ein – der romantischen und der käuflichen. Das Lichtspiel der Neonreklamen, Strassenartisten bei den Warteschlangen vor Kinos und Theatern. Der Kameramann dreht in den 30-Sekunden-Takes, die sein Apparat hergibt, Gorettas schwangere Frau Malou filmt Heikleres aus einem Sack heraus: versteckte Kamera damals. Zu Hause im Zimmer wird geschnitten, mit einem Handkurbelgerät, werden Geräusche und Musikstücke zugemischt. Keine zwanzig Minuten dauert die frische Impression. Am Festival von Venedig wird sie preisgekrönt. [ weiter ]

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